Wir müssen täglich neue Entscheidungen treffen, kleine und große. Mit manchen tun wir uns schwer: prüfen, abwägen, die Kehrseite und die Folgen bedenken, Rücksicht auf andere nehmen, die Erwartungen anderer einbeziehen. Das Leben ist so kompliziert geworden, Menschen sind so schwer zu durchschauen, das für mich Gute kann anderen zum Nachteil gereichen. Und ich möchte doch eindeutig, einleuchtend, einfühlsam entscheiden. Manchmal weiß ich nicht, wie ich mich entscheiden soll. Es fällt mir schwer, zwischen gut und schlecht zu unterscheiden.
Manchmal merke ich, dass gerade das,
was ich gut gemeint habe,
von anderen mit Widerstand aufgenommen wird.
Manchmal erlebe ich,
dass ich es anderen nicht recht machen kann.
Was dem einen hilft, verletzt den anderen.
manchmal muss ich meine Freunde kritisieren
um der Freundschaft willen.
Dann habe ich Angst, sie zu verlieren.
Doch manchmal, wenn sie mich kritisieren,
spüre ich, wie sie sich um mich bemühen.
Manchmal spüre ich den Wunsch,
mich mit den Zerstrittenen zu versöhnen.
Aber dann überwinde ich mich nicht
und tue nicht das Gute, das ich will.
Manchmal merke ich,
dass mich eine quälende Entscheidung verführt,
den Weg des geringsten Widerstandes
und der Bequemlichkeit zu gehen.
Manchmal möchte ich auf deine Stimme hören, Gott.
Manchmal will ich mir Weisung geben lassen,
die mich befreit
von Skrupeln und Zweifeln,
von Feigheit und Vieldeutigkeit.
Aber immer will ich sagen:
"Dennoch bleibe ich stets an dir.
Denn du hälst mich mit deiner rechten Hand."
(Helge Adolphsen, "Minutengebete", Kreuz-Verlag Stuttgart, 2000, S. 92f.)
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