Übersetzungen in traditionelle Sprache verwenden einen Wortschatz, der dem kirchlichen Sprachgebrauch entspricht. Insbesondere Martin Luther hat diese traditionelle Sprache stark geprägt. Er hatte dabei ähnliche Ziele wie Übersetzungen in zugängliche Sprache heute.
Durch den einheitlichen Sprachgebrauch werden wichtige biblischen Begriffe oft auf ähnliche Weise übersetzt. Deshalb sind Übersetzungen in traditionelle Sprache weniger stark vom persönlichen Stil der Übersetzer beeinflusst als Übersetzungen in zugängliche Sprache. Andererseits hat sich die allgemeinsprachliche Bedeutung dieser Worte seit Martin Luthers Zeiten gewandelt. Sie weicht oft von der biblischen Verwendung ab.
Übersetzungen in traditionelle Sprache sind vor allem dann besser verständlich als die meisten strukturtreuen Übersetzungen, wenn man mit dem kirchlichen Sprachgebrauch vertraut ist.
Eine gute Übersetzung in traditionelle Sprache ist neben der revidierten Lutherbibel und der Einheitsübersetzung die 2007 erschienene Revision der Zürcher Bibel. Gerade im Vergleich und in Ergänzung mit Übersetzungen in zugängliche Sprache zeigt sich die Stärke dieser Übersetzungen.
↓ Einheitsübersetzung
römisch-katholisch (z.T. mit evangelischer Beteiligung)
1980
↓ Herder-Bibel
römisch-katholisch
1937–1965, Revision 2005
↓ Jerusalemer Bibel = Herder-Bibel
↓ Luther
evangelisch-lutherisch
1522–1545, Revision 1984
↓ Mendelssohn
jüdisch, 5 Bücher Mose und Psalmen
1780–1783, Revision 2001
↓ Neue Jerusalemer Bibel = Einheitsübersetzung
↓ Schlachter
evangelikal
1901–1905, Revision 2002
↓ Wilckens
evangelisch-lutherisch, Neues Testament
1970, Revision 1981
↓ Zunz
jüdisch, Tanach ≙ Altes Testament
1837–1935
↓ Zürcher Bibel
evangelisch-reformiert
1524–1531, Neuübersetzung 2007
auf englisch:
→ King James Version
→ Bibel-Übersetzungen (inhaltlich gruppiert)
→ Deutsche Bibel-Übersetzungen (alphabetisch)
→ Englische Bibel-Übersetzungen (alphabetisch)
Martin Luther (1522–1545; Revision 1984)
Evangelisch-lutherische Übersetzung
Die Übersetzung von Martin Luther wurde im 16. Jahrhundert sehr schnell sehr populär und prägt die deutsche Sprache bis heute. Die aktuelle Revision der Lutherbibel ist eine vorsichtige Anpassung an den wissenschaftlichen Erkenntnisstand von 1984 und an die Sprache des 20. Jahrhunderts. In vielen Fällen hat die Revision die vertrauten und lieb gewonnenen Formulierungen bewahrt oder nur leicht verändert. Martin Luthers Entscheidung, an einigen Stellen geschlechtergerechte Sprache zu benutzen, wurde durch die Revision fortgeführt und teilweise vertieft.
Auch für ungeübte Ohren kann die klangvolle Sprache Martin Luthers gerade wegen ihres Alters ein sehr großer Gewinn sein. Wer den Wortlaut der Lutherbibel schätzen gelernt hat, der kann umgekehrt viel von der gleichzeitigen Verwendung aktuellerer Übersetzungen profitieren.
Bis zum Jahr 2017 ist eine Durchsicht der aktuellen Revision geplant, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum biblischen Urtext zu berücksichtigen. Laut http://www.ekd.de/presse/71430.html Presseerklärung soll dabei der Wortlaut der aktuellen Revision nur dort verändert werden, "wo es die Treue zu den biblischen Zeugen zwingend erfordert".
‣ Lutherbibel (1984) online – Rechte bei der Deutschen Bibelgesellschaft
‣ Lutherbibel (1912) online – nicht mehr urheberrechtlich geschützt
‣ Lutherbibel (1545) online – nicht mehr urheberrechtlich geschützt; leider nicht in wissenschaftlich zuverlässiger Qualität
Zürcher Bibel (1524–1531; Neuübersetzung 2007)
Evangelisch-reformierte Übersetzung
Die Zürcher Bibel war 1531 die erste vollständige Bibel-Übersetzung ins Deutsche. Sie erschien wenige Jahre nach Martin Luthers Übersetzung des Neuen Testaments 1522 und drei Jahre vor seinem Alten Testament 1534. Wichtige Neuübersetzungen unter demselben Namen sind 1931 und 2007 erschienen. Sprachlich ist die Zürcher Bibel 2007 ein guter Kompromiss aus traditionellen, gehobenen Formulierungen und aktueller Ausdrucksweise. Sie gibt die Inhalte der biblischen Texte oft mit klassischen Wörtern wieder, um deren Interpretation so weit wie möglich dem Leser zu überlassen. Dies setzt beim Leser ein Wissen darüber voraus, wie sich das Bedeutungsfeld dieser Wörter im modernen Deutsch vom kirchlichen bzw. biblischen Sprachgebrauch unterscheidet.
‣ Website zur Zürcher Bibel (2007)
‣ Zürcher Bibel (2007) online – Rechte beim Verlag der Zürcher Bibel
Moses Mendelssohn (1780–1783; Revision 2001)
Jüdische Übersetzung
Moses Mendelssohn erstellte die erste jüdische Bibel-Übersetzung ins Deutsche. Er übersetzte die Tora (5 Bücher Mose) und die Psalmen als Deutsch-Lernhilfe für seinen Sohn und für andere Juden. Die klassisch gewordene Mendelssohn-Übersetzung wird noch heute im Judentum verwendet. 2001 ist eine Revision der Tora erschienen.
‣ Website zur Mendelssohn-Übersetzung (2001)
Leopold Zunz (1837-1935)
Jüdische Übersetzung
Die von Leopold Zunz herausgegebene Übersetzung war die erste vollständige jüdische Übersetzung der hebräischen Bibel ins Deutsche. Sie wurde auch unter dem Namen Rabbinerbibel bekannt und wird bis heute benutzt.
‣ Zunz-Übersetzung (1935) als digitale Bilddatei – nicht mehr urheberrechtlich geschützt
Herder-Bibel (1937–1965; Revision 2005)
Römisch-katholische Übersetzung
Die Herder-Bibel basiert auf der Übersetzung der Herder-Kommentarreihe. Vor dem Erscheinen der Einheitsübersetzung gehörte sie zu populärsten römisch-katholischen Übersetzungen. Mit ihrer klangvollen Sprache ist sie noch immer eine interessante Übersetzung.
Früher war die Herder-Bibel unter dem Namen Jerusalemer Bibel erhältlich (zusammen mit Einleitungen und Einzelanmerkungen aus der französischen Bible de Jérusalem). Die nachfolgende Bibelausgabe Neue Jerusalemer Bibel enthält nun die Einheitsübersetzung.
Franz Eugen Schlachter (1901–1905; Revision 2002)
Evangelikale Übersetzung
Die Schlachter-Übersetzung unterscheidet sich von anderen traditionellen Übersetzungen vor allem durch ihre Verwurzelung in einer evangelikalen Perspektive. 2002 wurde eine Revision abgeschlossen, die unter dem Namen Schlachter 2000 bekannt ist.
In allen Revisionen folgt die Übersetzung keiner aktuellen, wissenschaftlichen Urtext-Ausgabe der Bibel, sondern einem Vorläufer dieser modernen Ausgaben, die aus dem 16. Jahrhundert stammt (auch als Textus Receptus bekannt). Beim Erstellen dieser Text-Rekonstruktion verwendete der Humanist Erasmus von Rotterdam nach eigenen Angaben teilweise auch Rückübersetzungen aus dem Lateinischen, weil er nicht genügend ursprachliche Handschriften zur Verfügung hatte.
Die Schlachter-Bibel ist daher für Christen besonders interessant, die aktuellere Urtext-Rekonstruktionen wegen ihrer persönlichen Glaubensüberzeugungen ablehnen.
‣ Schlachter Bibel (1951) online – Rechte bei der Genfer Bibelgesellschaft
‣ Schlachter 2000 online – Rechte bei der Genfer Bibelgesellschaft
Ulrich Wilckens (1970; Revision 1981)
Evangelisch-lutherische Übersetzung
Die Übersetzung von Ulrich Wilckens ist stark vom theologischen Profil des lutherischen, konservativen Theologie-Professors geprägt. Sie orientiert sich inhaltlich an der ↓ Lutherbibel. Bei ihrem Erscheinen war sie ein gelungener Kompromiss zwischen lutherischer Tradition und aktueller Sprache. 1984 erschien eine Revision der Lutherbibel, die sprachlich ähnliche Wege geht.
Die Bibelübersetzung von Ulrich Wilckens enthält Einleitungen und viele Fußnoten, die das theologische Denken des Übersetzers zeigen.
Einheitsübersetzung (1980)
Römisch-katholische Übersetzung, teilweise mit evangelischer Beteiligung
Die Einheitsübersetzung ist die Standardbibel für die römisch-katholische Kirche im gesamten deutschen Sprachraum. Sie ist für die Verwendung in der Liturgie und im Unterricht vorgesehen. Sprachlich geht die Einheitsübersetzung einen guten Mittelweg zwischen einem modernen Deutsch und einer klassischen Wortwahl.
Das Neue Testament und die Psalmen wurden unter evangelischer Beteiligung übersetzt. Im Alten Testament unterscheidet sich die Einheitsübersetzung dadurch, dass sie sich in Umfang und Reihenfolge der biblischen Bücher an der Vulgata (der lateinischen Standardübersetzung) orientiert.
Für das Jahr 2010 ist eine Revision der Einheitsübersetzung angekündigt. Seit der Instruktion Liturgiam authenticam (2001) gelten in der römisch-katholischen Kirche klare Kriterien für Bibel-Übersetzungen. In textkritischen Fragen soll die aktuelle Fassung der Vulgata Norm sein. Für zentrale biblische Begriffe ist die Wortwahl der Übersetzung festgelegt. Darüber hinaus gibt es weitere Richtlinien. Beispielsweise sollen grammatikalisch männliche Personenbezeichungen so weit möglich männlich übersetzt werden, auch wenn eine gemischt-geschlechtliche Gruppe gemeint ist.
An der aktuelle Fassung beeindruckt der gelungene Versuch, durch die evangelische Beteiligung eine Übersetzung zu erstellen, die in der römisch-katholischen Kirche offiziell anerkannt ist und auch in anderen Kirchen gerne benutzt wird.
Die Einheitsübersetzung ist auch unter dem Namen Neue Jerusalemer Bibel erhältlich (zusammen mit Einleitungen und Einzelanmerkungen aus der französischen Bible de Jérusalem). Die vorhergehende Bibelausgabe Jerusalemer Bibel enthielt die Herder-Bibel als Übersetzung.
‣ Einheitsübersetzung online – Rechte beim katholischen Bibelwerk